Nicht nur der Vorbereitung auf die am
29. Mai stattfindende Exkursion des Vereins für Heimatpflege in die
Nordpfalz mit Besuch der Mennonitengemeinde Weierhof, sondern auch der
Allgemeinbildung diente der Vortrag von Ernst Christian Driedger am
Montagabend in der Adlerstube. Höchst interessiert verfolgten 30 Zuhörer
die Ausführungen des ehemaligen Schifferstadter Revierförsters, der der
Mennonitengemeinde Kohlhof angehört, über Entstehung, Verfolgung und
Diskriminierung der christlichen Glaubensgemeinschaft, ihre Verbreitung
über die ganze Welt und ihr heutiges Selbstverständnis.
Ausführlich ging Driedger auf die Entstehungsgeschichte der Mennoniten
ein, deren Wurzeln in der Reformation liegen und schilderte in diesem
Zusammenhang auch die soziale Situation der Bevölkerung zu Beginn des 16.
Jahrhunderts.
Die Täufer oder Wiedertäufer gingen aus einem von Huldrych Zwingli in der
Schweiz gegründeten Bibellesekreis hervor, der sich – auf Grund
unterschiedlicher Ansichten - teilte. Der Grundhaltung Zwinglis
(Kindertaufe) setzten die Radikalen die Erkenntnis entgegen, dass nur
getauft werden kann, wer die Heilige Schrift als Maßstab seines Lebens
bewusst anerkennt.
Die erste Taufe eines Erwachsenen fand 1525 im Haus des Buchbinders Felix
Mantz statt. Dies war gleichzeitig die Geburtsstunde der Bewegung der
Täufer oder Wiedertäufer. Die Glaubensgemeinschaft gewann rasch viele
Anhänger, die aus ihren bisherigen Kirchen austraten und den
Kirchenzehnten verweigerten. Dieser offene Aufruhr löste eine Vertreibung
der Täufer aus Zürich und dem Umland aus. Die Vertriebenen zogen weg,
missionierten und sorgten für eine schnelle Verbreitung des Glaubens.
Trotz Verfolgung und zahlreicher Hinrichtungen breitete sich die
Täuferbewegung immer weiter aus und gab sich 1527 im „Schleitheimer
Bekenntnis“ eine Art gemeinsame Ordnung, die folgende Eckpunkte
beinhaltet: Die Taufe (im Erwachsenenalter), den Bann (zur Vermeidung
„schwarzer Schafe“ in der Gemeinde), das Abendmahl (als Gedächtnismahl,
die Eucharistie von der Wandlung in den „Leib Christi“ wird abgelehnt),
der Hirtendienst (kein Hirtenamt, das Sakramente zwischen Gott und den
Menschen verwaltet. Zum Predigtdienst und zur Gemeindeleitung kann jeder
Gläubige berufen werden), Absonderung von der Welt (einerseits eine
Notwehrmaßnahme, um der Verfolgung zu entgehen, andererseits aber auch, um
„in der Welt“ keine faulen Kompromisse, die einem Leben nach dem
Evangelium widersprechen würden, schließen zu müssen); das Schwert
(Ablehnung von Gewaltanwendung), und Ablehnung des Eides.
Eine Verfolgungswelle im 16. Jahrhundert zerschlug die
Glaubensgemeinschaft, die unter Menno Simons als kleine Gemeinde heimlich
wieder auflebte. Nach ihm wurde die christliche Bewegung zuerst „Mennisten“,
später „Mennoniten“ benannt. Viele wanderten aus oder waren gezwungen,
eine Obrigkeit zu finden, die sie als geschlossene, religiöse Gemeinschaft
duldete.
1713 kamen die ersten Mennoniten aus der Schweiz auf den Kohlhof. Sie
durften ihre Gottesdienste nur in Privathäusern abhalten, ihre Toten nicht
auf den allgemeinen Friedhöfen beerdigen und mussten für die Befreiung vom
Wehrdienst besondere Steuern bezahlen. Erst 1888 durften sie mit Hilfe von
Spenden aus anderen Mennonitengmeinden und der politischen Gemeinde
Schifferstadt eine eigene Kirche errichten. Dazu benötigten sie eine
Erlaubnis des Speyerer Bischofs. Diese wurde erteilt mit der
Einschränkung, dass die Kirche keinen Kirchturm haben dürfe. |
Die Mennonitengemeinde Kohlhof
besteht heute aus rund 100 getauften Mitgliedern, dazu kommen 30
Kinder und nicht getaufte Jugendliche. Oberstes Gemeindegremium ist
die Gemeindeversammlung, der alle getauften Mitglieder angehören.
Als neues Element ist das Engagement weltweiter sozialer Gerechtigkeit
aufgetaucht. Folglich haben viele Gemeindemitglieder zumindest
zeitweise im Entwicklungsdienst oder vergleichbaren Auslandseinsätzen
Dienste geleistet. Regional arbeitet die Mennonitengemeinde Kohlhof
mit den evangelischen und katholischen Kirchenge-meinden bei
bestimmten, ökumenischen Projekten zusammen.
„Maßstab für unsere Leben ist die Bibel, wie wir sie im Gespräch
untereinander auslegen“, hob Ernst Christian Driedger abschließend
hervor.
M. Schleicher, Schifferstadter
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