Tanzstunde und Tanzkränzchen in früherer Zeit

 
Von ersten Annäherungsversuchen im Walzertakt und Sambaschritt
Museumsgespräch zum Thema „Tanzstunde und Tanzkränzchen in früherer Zeit“
 

Eine relativ kleine, dafür aber umso lebhaftere Gesprächsrunde hatte sich am Donnerstagabend in der Adlerstube zusammengefunden, um in Erinnerungen an die ersten Schritte auf dem Tanzparkett und den Abschlussball, das Tanzkränzchen, zu schwelgen. Der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege Theo Magin verwies einleitend auf die Tatsache, dass Tanzen zur Allgemeinbildung gehöre und während der Tanzstunden auch Knigge zu seinem Recht kam. „Das Verhalten einer Dame gegenüber, das korrekte Ansprechen mit Verbeugung, Begleiten zur Tanzfläche und Zurückbringen zum Tisch wurde ebenso vermittelt, wie die Tanzschritte.“ In Schifferstadt fanden Tanzstunden in Gaststätten statt, die über einen Saal verfügten, wie z. B. im Ochsen, Zum Grünen Baum oder Zum weißen Rössel. Auch gab es, Magins Recherchen zufolge, offensichtlich früher auch Tanzlehrer in Schifferstadt, namentlich bekannt ist aus dem Einwohnerbuch von 1936 die Tanzschule von Fritz Funk aus der Hindenburgstraße 36 (heute Hauptstraße). Nach dem 2. Weltkrieg unterrichteten in Schifferstadt die Tanzschulen Krüger und Zimmermann aus Speyer. „Der Besuch der Tanzstunde war für die meisten jungen Menschen ein besonderes  Ereignis,  viele  sprechen noch heute von

 

Elfriede Sommer (später verehelichte Best) mit ihrem Partner Gunther Weber am Tag ihres Tanzkränzchens im August 1949

einer ‚schönen, aufregenden Zeit’“, fuhr Theo Magin fort, der selbst mit seiner Partnerin Maria Berkel geb. Fouquet 1949 den Tanzkurs mit dem Tanzkränzchen abschloss. Aufregend mochte diese Zeit wohl auch deshalb gewesen sein, weil viele erstmals auch mit dem anderen Geschlecht im wahrsten Sinne des Wortes „in nähere Berührung kamen“, nachdem zuvor Mädchen und Jungen in Schule, Kirche ect. strikt getrennt waren.
Auch Elfriede Best (frühere Sommer) gehörte zu der Gruppe, die gemeinsam mit Theo Magin und vielen anderen die Tanzstunde besuchte. „Die Initiative ging von einer Gruppe junger Männer aus, die bei der Leiterin unserer katholischen Mädchengruppe St. Agnes Anneliese Sold nachfragten, ob wir gemeinsam mit ihnen die Tanzstunde besuchen dürfen. Mit dabei waren Norbert Kaufmann, Gunther Weber, Alfons Krug und Erich Mayer“, blendete sie zurück. Im Gasthaus „Zum Grünen Baum“ wagten die jungen Frauen und Männer zum den Akkordeonklängen von Erich Monath die ersten Schritte auf dem Tanzparkett. „Es herrschte Frauenüberschuss“, so Elfriede Best weiter. „Und die Angst, sitzen zu bleiben veranlasste mich, den Rosenkranz mit zur Tanzstunde zu nehmen.“ Walzer, Francaise, Foxtrott, Tango, Rhumba und Rheinländer, aber auch Samba standen auf dem Programm. „Im Anschluss wurden alle Mädels heimgebracht, nicht selten ging es im Samba-Schritt die Mutterstadter Straße hinunter“, erinnert sich Elfriede Best. Das so genannte Halbkränzchen galt als Generalprobe für das eigentliche Tanzkränzchen, das mit vielen Vorbereitungen verbunden war. Die Ballkleider für die jungen Damen wurden mit großem Aufwand genäht, die jungen Männer bekamen neue Anzüge. Am Vormittag des „großen Tages“ wurde das beste Kaffeegeschirr in Wäschekörben zum Ballsaal gebracht, das Backen von Kuchen, Torten und Gebäck war eine Selbstverständlichkeit. Die Kränzeldamen wurden mit einer Kutsche oder einem schicken Fahrzeug und mit einem Blumenbukett abgeholt. Zu den Klängen des Orchesters Jakob Monath wurde der Ball eröffnet. „Alle Mädels mussten vor dem Kränzchen Lose ziehen, um die Reihenfolge bei der Polonaise zu bestimmen“, erinnerte sich Emelda Krug (frühere Dell). „Ich war ganz erstaunt, als ich die Eins gezogen hatte, zog allerdings auch den Neid einiger Freundinnen auf mich!“
Walli Becker, die ihr noch bestens erhaltenes Ballkleid samt Täschchen, Schmuck und Schuhen mitgebracht hatte, berichtete von ihren beiden Tanzkursen 1958 in Speyer und 1959 in Schifferstadt, vom ersten Rock’n Roll und schmerzenden Füßen in hohen Schuhen. Von ihren Tanzstunden 1962 „als aufgeregte Schülerinnen ihre Lehrer nervten“, erzählte Beate Krayvanger und Rudi Hoffmann gab Anekdoten von privaten Hausbällchen im Anschluss an die Tanzstunde zum Besten. Aus der „nicht unbedingt romantischen Neuzeit“ berichtete Carina Schumann, die 1973 den Abschlussball absolvierte und ebenfalls ihr Ballkleid mitgebracht hatte. -cher